Best of Breed für E-Commerce-Plattformen: Die Alternative zu monolithischen Komplettlösungen

Landscape-Strategien für Ihr E-Commerce Business

In Bezug auf Digital Sales- und E-Commerce-Strategien gibt es diverse Landscape-Design-Konzepte und verschiedene Meinungen darüber, wie eine gut skalierbare Architektur konzipiert sein sollte. All diese Ansätze haben auf den ersten Blick schlüssige Argumentationen dafür, warum ihre Best Practices die richtigen sind. Insbesondere die Hersteller von E-Commerce suggerieren gerne, dass ihr jeweiliges Rezept das einzig wahre sei. Doch die Frage lautet: "Ist das so?" oder besser noch: "Bei welchem Unternehmen oder Projekt ist das tatsächlich der Fall?". Bevor wir diese Fragen klären, möchten wir erst einmal zwei grundsätzliche Strategien betrachten:

  • E-Commerce-Suites oder All-in-One-Plattformen
  • Best of Breed-Konzepte oder Composable Commerce

E-Commerce-Suites (auch All-in-One-Plattformen oder One-fits-All-Lösungen genannt)

E-Commerce-Suite Frameworks – in der Branche auch gerne Monolithen genannt – bieten, wie der englische Longtail-Name bereits besagt, sämtliche benötigten Funktionen in einer Shopsoftware. Sie enthalten also alles in einem System. Soweit zumindest die Definition, die wir zumindest im ersten Schritt erst einmal so stehen lassen.
In der Theorie schafft das den Vorteil, dass die Systemlandschaft eher schlank und überschaubar bleibt, die Integration der Systeme, also die Vernetzung der Anwendungen, einfacher und die Verwaltung in einem einzigen Admin-Interface zentralisiert ist. Als Nachteil kann man die Abhängigkeit von der EINEN Software, respektive dem Software-Hersteller und im Zweifel von der umsetzenden Agentur, ins Feld führen. Außerdem kann man aufgrund von fehlender Spezialisierung in Teilbereichen der Software an Grenzen stoßen oder das System etwas verbiegen müssen, um Abhilfe zu schaffen oder gar die eigenen Business Needs nach den Fähigkeiten der Software ausrichten.

In Projekten ist es immer vom jeweiligen Unternehmen, dem Business Case, sowie der existierenden Systemlandschaft abhängig, ob eine E-Commerce-Suite die passende Lösung ist. Und zuallererst muss eigentlich definiert werden, was denn “Alles in einem System” bedeutet. In Workshops und Strategie-Gesprächen kommen häufig genau dazu Fragen auf, beispielsweise: “Ist das E-Commerce-System auch eine PIM-Software?”, “Bietet die E-Commerce-Shopsoftware eine vollwertige Lager- und Logistik-Lösung?” oder tiefer im Detail “Kann ich mit dem Commerce-Framework zielführend A/B Testing betreiben?”. Wichtig ist es also, sich in erster Linie klarzumachen, auf welcher Ebene man das “Alles” aufhängt.
Bedeutet es, dass Sie mit der "One-fits-All"-E-Commerce-Software mehr als einen Onlineshop abbilden wollen und sich darin PIM-Funktionalitäten sowie ERP-Features mit einer kompletten Einkaufs- und Bestandsverwaltung wünschen? Oder bleibt das Shopsystem ein Shopsystem und bietet umfangreiche E-Commerce Features?

Die typischen, vermutlich bekanntesten Vertreter von E-Commerce-Suites, beziehungsweise E-Commerce-Plattformen sind, Adobe Commerce als Komponente der Adobe Experience Cloud (weiterhin bekannt als Magento), Shopify, die SAP Commerce Cloud oder die Salesforce Commerce Cloud sowie Shopware 6. Diese bieten out-of-the-box eine Vielzahl an Funktionen, die über Extensions und Apps aus den jeweiligen Plugin-Marktplätze zusätzlich angereichert werden können.

Best of Breed / Composable Commerce

Wenn man das Best of Breed-Rezept befolgt, ist es klar, dass man für jeden Anwendungsfall und jede Funktion eine spezialisierte Lösung einsetzt. Ähnlich wie bereits oben beschrieben, ist es auch hier entscheidend, wie tief man bei der Spezialisierung ansetzt. Eine typische Systemlandschaft besteht dabei also aus diversen Komponenten. Dies bedeutet zwangsläufig, dass die E-Commerce-Software als solche zwar ein zentraler Bestandteil ist, aber nicht alleine existieren kann und lediglich eine Basis bereitstellt. Bei Composable Commerce oder auch der MACH-Strategie (Microservices, API First, Cloud, Headless), wird also ein Großteil der der einzelnen Komponenten auseinander gezogen, auf verschiedene spezialisierte Tools und Dienste ausgelagert und dann über Schnittstellen miteinander verbunden.
Als großer Vorteil bringt der Best-of-Breed-Ansatz mit, dass die Abhängigkeit von einer einzelnen Software gemindert wird und man nicht in die Situation gelangt, Teile seiner zentralen Anforderungen nur mit Abstrichen oder über Workarounds realisieren zu können. Zusätzlich gewinnt man langfristig eine hohe Flexibilität, da einzelne Bestandteile der Systemlandschaft ohne große Abhängigkeit oder Kompatibilitätsprobleme hinzugefügt oder ersetzt werden können.
Häufig wird eine budget-schonende Umsetzung als Argument ins Land geführt. In einigen Fällen ist das gut möglich. Gleichzeitig muss aber beachtet werden, dass in einer Best of Breed-Systemlandschaft eine Vielzahl an Einzelkomponenten mit ihren jeweils eigenen Lizenzmodellen zum Einsatz kommen. Zusätzlich dazu müssen spezialisierte Anwendungen, wie beispielsweise Syndication-Tools und iPaaS-Lösungen (kurz für Integration-Platform-as-a-Service) oder ein ESB (Enterprise Service Bus) aufgegleist und betreut werden. Die Vernetzung der einzelnen Bestandteile erhöht zudem Organisationsaufwand durch die Kommunikation mit unterschiedlichen Dienstleistern und das Zusammenspiel der verschiedenen Schnittstellen. Im Folgenden möchten wir Ihnen einige der Komponenten nennen, die Bestandteile einer modularen Best of Breed Architektur im E-Commerce sein können:

  • E-Commerce-Framework
    Der zentrale “Backend-Motor”. Bekannte E-Commerce-Frameworks sind beispielsweise Commercetools, Spryker und ElasticPath.
  • Frontend-Framework oder PWA: Ein oder mehrere entkoppelte Frontends, die nach dem Headless-Ansatz Daten von den übrigen angebundenen Systemen anfordern und erhalten.
  • Search-Engine
    Eine externe Suche wie etwa ElasticSearch oder ein Such-Dienstleister wie Findologic oder FACT-Finder.
  • Content Management-System
    Software zur Erstellung, Pflege und Veröffentlichung von Content oder Marketing-Inhalten, beispielsweise Typo3 oder Wordpress.
  • PIM / PXM
    Die Plattform für das zentrale Produktdatenmanagement. Vertreter dieser Software-Kategorie wären Tools wie PimCore oder Akeneo.
  • CRM
    Software für die Verwaltung von Kundenbeziehungen. Salesforce ist hier nach wie vor der Platzhirsch, aber auch Tools wie ZenDesk und OroCRM haben mittlerweile einen großen Verbreitungsgrad.
  • ERP
    Anwendung zur Verwaltung von Einkauf, Produktion, Supply Chain Management, Logistik, Fulfillment, Accounting und vielen anderen Prozessen. Neben den diversen Lösungen von SAP sind hier unter anderem auch Microsoft Dynamics 365 und Sage 100 zu nennen.
  • Marketing Automation
    Werkzeug zur Steuerung aller Marketing-Aktivitäten wie etwa Newsletter-Marketing, Social Media-Marketing oder Display-Kampagnen. Sowohl SalesForce als auch Adobe bieten eigene Marketing Clouds an. Abseits dieser Anbieter sind unter anderem aber auch Optimizely und Emarsys erwähnenswert.
  • Payment
    Einsatz von Payment-Dienstleistern und von Partnern für Bonitätsprüfung oder Fraud-Management. Klarna und PayOne haben sich hier in der Vergangenheit als souveräne Anbieter mit einer großen Fülle an Services erwiesen.
  • Business Intelligence (BI)
    Software für das Bündeln aller Daten für Analysen oder Statistiken. SAS Software Intelligence, Datapine oder Cubeware sind Beispiele für BI-Tools.
  • Third-Party-Features
    Einsatz von projektspezifischen Funktionen wie etwa Recommendation Engines zur Personalisierung von Inhalten, Tools für die Durchführung von A/B-Tests oder auch Chatbots.

Welche der Strategien ist die richtige für Ihr E-Commerce-Projekt?

Um es direkt zu sagen: Eine allgemeingültige Antwort können wir Ihnen im Rahmen dieses Artikels nicht geben – denn um diese Frage seriös zu beantworten, müssen wir Ihr Unternehmen, Ihr Projekt, Ihre Rahmenbedingungen und Ihre spezifischen Ziele kennen. Um die Frage dennoch zumindest im Ansatz zu beantworten, möchten wir Ihnen im Folgenden noch einmal kurz zusammenfassen, wann Sie zumindest darüber nachdenken sollten, ob Composable Commerce für Sie der richtige Weg sein kann.

“All-in-One” oder Best of Breed - ja, was denn nun?

Der Best of Breed-Ansatz empfiehlt sich definitiv für größere Unternehmen und Firmen aus dem Mittelstand, welche professionellen E-Commerce oder Omnichannel-Strategien betreiben oder betreiben wollen. Die Gründe dafür liegen unter anderem in der hohen Flexibilität des Gesamtsystems und der Spezialisierung der einzelnen darin eingebundenen Lösungen, durch die Ihr Business in den Vordergrund gerückt wird.
Die “Basis-Software” für Ihr E-Commerce muss dabei jedoch nicht zwangsläufig Spryker, Commercetools oder ElasticPath sein. Auch das Magento-E-Commerce-System oder das Shopware 6-Framework sind hier durchaus geeignet. Insbesondere, wenn Ihr Geschäftsmodell einem gewissen Standard folgt, unabhängig von B2B E-Commerce oder einem B2C Business, Sie Produkte oder Dienstleistungen anbieten, eine Website mit Ihrem Shop verknüpfen möchten und nicht etwa Netflix, Flixbus oder Amazon sind, ist der Ansatz einer Kombination aus E-Commerce-Suite und des Best of Breed Ansatzes eine gute Lösung.
Der Vorteil liegt hierbei in der Tatsache, dass Shop-Softwares wie Adobe Commerce und Shopware 6 verglichen mit reinen Composable Commerce-Systemen einen ungleich größeren Funktionsumfang mitbringen, und Sie ergänzend dazu auf Marktplätze mit etlichen Plugins und Erweiterungen zurückgreifen können. Gleichzeitig bringen sowohl Magento als auch Shopware 6 die für Composable Commerce relevanten Features – wie eine Headless-Architektur oder umfangreiche APIs zur Anbindung von Microservices – out-of-the-box mit. Sie müssen sie also nicht als “Monolithen” einsetzen, sondern können sogar ein bestehendes monolithisches System auf Basis einer dieser Plattformen Schritt für Schritt in den Composable Commerce überführen.

Planen Sie Ihr E-Commerce-Projekt nachhaltig

Wenn Sie eine neue E-Commerce-Lösung planen und sich aktuell im Evaluierungsprozess befinden, dann denken Sie sich sicherlich über mehrere der oben erwähnten Punkte und Denkanstöße nach. In vielen Projekten starten wir mit genau mit den Themen Strategie, Technologie und Architektur und beraten unsere Kunden dabei stets unter der Berücksichtigung ihrer spezifischen Anforderungen und Strukturen. Wir unterstützen auch Sie sehr gerne dabei, eine auf Ihr Projektvorhaben zugeschnittene Entscheidung herbeizuführen - sprechen Sie uns einfach an!